Rupert Sheldrake
Die Hypothese der morphischen Resonanz
Inspiriert von den naturwissenschaftlichen Gedanken Goethes entwickelte der 1942 in England
geborene Biologe Rupert Sheldrake seine Hypothese der morphogenetischen Felder und der morphischen Resonanz. Hierbei verlässt er die Ebene der Materiewissenschaft und somit eine Ebene der Begrenzungen der nur im Materiellen gesuchten kausalen Zusammenhänge. Durch seine revolutionären Ideen öffnet er den Weg zu einer erweiterten ganzheitlichen Betrachtungsweise des Lebens. Seine neuartigen Gedanken führen zu seinem Ruf als einer der avantgardistischsten und umstrittensten Wissenschaftler unserer Zeit.
Die Wirkung von Feldern innerhalb von Feldern – die Organisation des Lebens
Wie sein russischer Kollege der Entwicklungsbiologe Alexander Gurwitsch bereits einige Zeit zuvor, verwendet Rupert Sheldrake für seine bahnbrechende Theorie den Begriff des Feldes. Im Gegensatz zu den linearen und punktuellen Kraftwirkungen an einzelnen Orten, beschreiben Felder den besonderen Zustand des gesamten Raumes, in dem an jeder Stelle eine Kraftwirkung erfolgt. Felder sind somit eher immaterielle Kräfte-Fluida, die auch im Vakuum wirksam sind. Die Einwirkung dieser Kraftfelder auf Materie kann bemerkenswerte Organisationsstrukturen hervorbringen. Bei den morphogenetischen Feldern handelt es sich nach Sheldrake um derartige Organisationsfelder, die auf die Formgebung sämtlicher Systeme Einfluss nehmen.
Durch die bisher vorherrschende mechanistische Theorie des Lebens der experimentellen Biologie, lassen sich scheinbar nahezu alle Lebensphänomene durch Begriffe der Physik und Chemie ausdrücken. Dennoch stößt diese Theorie eindeutig an ihre Grenzen. Die organizismische oder holistische Philosophie bietet eine radikale Revision der mechanistischen Theorie. Sie dementiert, dass sich alles im Universum durch die Eigenschaften von Atomen oder durch hypothetische „letzte Bausteine“ der Materie erklären lässt. Die Weltanschauung erkennt die Existenz hierarchisch geordneter Systeme an, die nicht begriffen werden können, wenn sie getrennt voneinander betrachtet werden. Eine ganzheitliche Sichtweise ist in diesem Kontext somit dringend erforderlich. Die zu dieser Philosophie im Kontext stehende Hypothese der morphogenetischen Felder läutet einen Paradigmenwechsel von Maschine zu Organismus ein und bietet ein bedeutsames organiszismisches Konzept, denn sie beruht auf der Vorstellung, dass diese Felder physikalische Effekte haben und ihre Auswirkungen somit messbar sind.
Die Hypothese von Rupert Sheldrake besagt, dass spezifische morphogenetische Felder für die Organisation und charakteristische Form von Systemen auf allen Ebenen verschiedenartiger Komplexität zuständig sind. Dies gilt gleichermaßen für die naturwissenschaftlichen Bereiche von Biologie, Physik und Chemie.
Aber woher kommen die charakteristischen Strukturen der morphogenetischen Felder selbst?
Nach Sheldrakes These leiten diese sich wiederum von morphogenetischen Feldern ab, die ihrerseits mit früheren entsprechenden Anordnungen verbunden sind. So wirken morphogenetische Felder vergangener Systeme auf die später folgenden. Allerdings zeigt ihre Wirkung einen verstärkenden Einfluss, der über Raum und Zeit erhaben zu sein scheint. So werden Systeme nach einem ganz bestimmten Muster organisiert, weil ähnliche Systeme aus der Vergangenheit ebenso organisiert worden sind. Hierdurch wird eine ständige Wiederholung von Organisationsmustern und Formen deutlich.
Das kollektive Gedächtnis der morphischen Felder
Die Hypothese der morphischen Resonanz drückt demnach aus, dass in den morphischen Feldern ein kollektives Gedächtnis existiert, aus dem auch der Mensch schöpfen kann.
Folgendes Beispiel soll die Aussage von Sheldrakes Hypothese verdeutlichen: Wenn etwa eine Ratte in Australien ein neues Verhaltensmuster erlernt, so wird jede nachfolgende Ratte selbiger Art und Züchtung unabhängig von ihrem Aufenthaltsort die Ausführung des gleichen Verhaltensmusters schneller erlernen, als ihre Vorgänger. Dies lässt sich wissenschaftlich durch Versuche in verschiedenen Laboratorien nachweisen, die weder auf physikalischer noch auf informeller Ebene miteinander verbunden sind. Dieses Phänomen erinnert an das Prinzip des hundertsten Affen und ist natürlich auch auf den Menschen übertragbar. Um aus dem kollektiven Gedächtnis schöpfen zu können, muss der Mensch in Resonanz mit den morphischen Feldern treten.