Mit den Worten " Etliche Studien befassen sich mit der
�kologischen Lage am Aralsee , aber kaum jemand fragt, wie es den Menschen dort
geht " startete Jan Small 1997 mit einem kleinen Krankenhaus in Kungrad ein Projekt zur Bek�mpfung der grassierenden
multiresistenten Tuberkulose.
Seither arbeiteten die �rzte ohne Grenzen hier, im Nordwesten Usbekistans, lange
Zeit als einzige Hilfsorganisation in einem verarmten, verseuchten, ja von der
Welt schon fast vergessenen Land.
Die Umweltorganisationen der vereinten Nationen erkl�rten die Aralsee-Region
1992 zum Katastrophengebiet. Die Ausma�e der Sch�den sind mit denen von
Tschernobyl vergleichbar.
Durch Fehlwirtschaft wurde das Land noch zu Sowjetzeiten mit Tonnen an D�nger
und Pestiziden verseucht.
F�r den gro�fl�chigen Anbau von Baumwolle und Reis wurde vor allem dem
wichtigsten Zulauf des Aralsees Amudarja jahrzehntelang das Wasser abgegraben.
Der Fluss und der viertgr��te Binnensee dieser Erde begannen auszutrocknen, zu
versalzen und zu verlanden.
Zudem wurde seinerzeit auf der im Aralsee liegenden und mittlerweile zur
Halbinsel verlandeten "Insel der Wiedergeburt" ein sowjetisches Forschungslabor
f�r biologische Waffen betrieben.
Die Auswirkungen dieser Verseuchung sind bis heute nicht einzusch�tzen.
Die Menschen in dieser Region wurden nicht nur durch vergiftete Nahrung und
verseuchtes Wasser schwer krank, sondern auch durch belasteten W�stenstaub, der
sich �ber die Luft weit verbreitete.
Sehr viele Menschen erlitten Darm- und Atemwegserkrankungen. Viele Frauen
erkrankten an einer An�mie; Kinder kamen missgebildet zur Welt.
Trotz dieser verheerenden Folgen hatten die Menschen anfangs zumindest noch eine
medizinische Grundversorgung, die aber mit der Unabh�ngigkeit Usbekistans 1991
zusammenbrach.
Das Land verarmte zusehends, ein �ffentliches Gesundheitswesen war nicht mehr
aufrechtzuerhalten und die Zahl der Tuberkulose- Infizierten explodierte.
Das Zentrum der Arbeit von �rzte ohne Grenzen verlagerte sich von Kungrad in ein
B�ro nach Nukus, der Regionalhauptstadt Karakalpakstans, in dessen Umgebung drei
Krankenh�user aufgebaut wurden.
Aus Schutz vor der Intimsph�re der Patienten und aufgrund der potentiellen
Ansteckungsgefahr war der Besuch eines Krankenhauses nicht erlaubt.
So f�hrten wir ein Gespr�ch mit der sehr engagierten Projektleiterin Carla,
einer Krankenschwester aus den Niederlanden, um uns direkt vor Ort �ber die Situation zu informieren.
Die Kontakte zu der Organisation kn�pften wir bereits im Vorfeld �ber einen
hilfsbereiten Arzt aus Berlin, dem Hauptsitz der �rzte ohne Grenzen in
Deutschland.
Das Team von insgesamt acht internationalen Mitarbeitern, darunter u.a. auch
�rzte und Logisten, arbeiten mit dem Ziel, einheimischen Medizinern das
sogenannte Dots-Programm zu vermitteln. "Dots" steht als ein englisches K�rzel
f�r eine sorgf�ltig kontrollierte Therapie.
Unter strengster Medikamentenkontrolle und Quarant�ne werden Infizierte f�r
mindestens zwei Monate station�r behandelt. Die krankmachenden Keime werden in
eigens eingerichteten Laboratorien kontinuierlich und sehr genau untersucht.
Die Patienten sind w�hrend ihres Aufenthaltes isoliert, m�ssen bis zu 20
Tabletten t�glich einnehmen und leiden unter den sehr starken Nebenwirkungen,
wie extremer �belkeit und
schwersten Depressionen.
Anschlie�end werden sie bis zu zwei Jahre regelm��ig h�uslich betreut, um den
weiteren Krankheitsverlauf und die weitere Tabletteneinnahme zu verfolgen.
Auf diese Weise liegt die Heilungsrate bei 60%.
Carla leistet diese Hausbesuche, die mit sehr viel sozialer Arbeit verbunden
sind.
Mit einem Dolmetscher und einem Fahrer an ihrer Seite, f�hrt sie tagt�glich zu
den kranken Menschen, die weit verstreut um diese Gegend wohnen.
Traurig erz�hlt sie, dass es immer wieder Menschen gibt, die an der
Medikamenteneinnahme verzweifeln. Einige sind so arm, dass sie sogar versuchen,
ihre Medikamente auf dem Schwarzmarkt zu verkaufen.
Unerm�dlich kl�rt sie die Betroffenen auf, leistet ihnen und ihren Angeh�rigen
seelischen Beistand und nimmt Anteil an ihrem Schicksal.
Sie meint, dass Projekt werde vielleicht noch f�r drei Jahre weiterbewilligt.
Die Hilfe sei eingeleitet worden und werde begleitet, bis sie schlie�lich in die
Verantwortung der usbekischen Gesundheitsbeh�rde �bergeben werden k�nne. Leider
seien aber die Medikamente der multiresisten Tuberkulose und ihre weitere
Erforschung �beraus kostspielig.
Wir sp�ren, dass Carla das Land und die Leute lieben gelernt hat. Es bricht ihr
fast das Herz, dass sie nun bald, nach geplanten zwei Jahren Arbeitszeit, das
Land wieder verlassen muss.