Herr Pulat brachte ihn schließlich zu uns. Sundetbek litt häufig unter Kopfschmerzen und auch seine Augen taten ihm ständig weh. Deshalb brachten wir ihn zu einem Arzt. Sehr wahrscheinlich wurde er häufig am Kopf geschlagen. Auf jeden Fall muss er behandelt werden. Wenn man dem kleinen, 10 jährigen Jungen heute tief in die Augen schaut, sieht man einen erwachsenen Mann. Es ist für ihn wahrscheinlich unmöglich diese menschenverachtende Erfahrung der Versklavung zu verarbeiten, geschweige denn jemals zu vergessen. So hat sich unser Team dazu entschieden, ihm zu helfen.
Während dieser Zeit, kamen glücklicherweise meine Bekannten aus Deutschland, die mehrere archäologische Objekte in den drei Wüsten erforschen wollten, nach Nukus. Im Jahr 2007 hatten sie bereits ein Kinderheim für blinde Kinder, durch den beherzten Kauf von Kleidung und Nahrungsmitteln finanziell unterstützt.
Ich erzählte ihnen die Geschichte von Sundetbek. Sofort wollten sie helfen und waren bereit sowohl für die Mutter, als auch für den Sohn eine Patenschaft zu übernehmen.
Am 23. September 2008 begleitete somit der Polizeiinspektor den Jungen aus dem Aul (Dorf) Hodjeli zu uns, damit wir ihn kennen lernen konnten.
O Gott, wie war der Junge nur gekleidet, was hatte er an…? Was sollten meine Gäste aus Deutschland denken?
Zuerst befürchtete der Junge wohl, dass wir ihn in ein Kinderheim bringen wollen. Deswegen fing er bitterlich an zu weinen und sagte, dass er keinesfalls seine Mutter verlassen werde, auch wenn sie wie eine Zigeunerin sei, die es niemals länger an einem Ort aushalten könne. Für ihn sei sie trotzdem die allerbeste Mutter der Welt. Und er würde lieber sterben, als noch einmal von ihr getrennt zu werden.
Als wir ihn sahen und hörten, was er sprach, waren wir tief berührt und wir hatten alle, sogar die anwesenden Männer, Tränen in den Augen. Wir schenkten ihm einige der sonst von den hiesigen Kindern heiß begehrten Süßigkeiten aus Deutschland, aber er legte sie nur ordentlich auf den Tisch und erklärte uns, dass er sie nicht für sich haben wolle, sondern, dass seine Mutter sie bekommen soll.
Dann fuhr meine Mitarbeiterin Nadira zusammen mit unseren sechs Gästen aus Deutschland und Sundetbek zum Basar, um Kleidung für ihn zu kaufen.