Das Grab des Schamun-Nabi
Wir folgen dem schmalen mit verdörrten Sträuchern eingefassten Sandweg und stehen schließlich vor dem hohen Portal des beeindruckenden 25-Meter-Grabes des „Schamun-Nabi“. Hier soll einer Sage nach ein sieben Meter großer Mensch beerdigt sein, der als der erste Mensch (Adam) betrachtet wird. Das Grab des Schamun-Nabi führt uns somit unweigerlich zurück zu dem Ursprung unserer Menschheitsgeschichte. Bei dem Vergleich der christlichen Schöpfungsgeschichte mit der Adam und Eva-Geschichte des Korans sind viele Gemeinsamkeiten in den Darstellungen erkennbar. Liegt in dieser Stätte wirklich der allererste Mensch begraben? Waren wir in eine Region gereist, die sich als die Wiege der Menschheit erweisen würde?
Das Grab des Schamun-Nabi
Nach seinem Tod wurde Schamun-Nabi, so erzählt es die Legende weiter, in sieben Teile zerlegt und in sieben einzelne Erdgräber beigesetzt. Diese Tatsache öffnet den Raum für eine Menge Spekulationen bezüglich der Bedeutung dieses Grabes. Soll sie ein Hinweis auf die sieben Chakren geben, die nach dem asiatischen Konzept das Energiesystem des Menschen bilden? Soll uns hier vermittelt werden, dass von Beginn der Menschheitsgeschichte an in jedem Erdenbürger diese Energiezentren existieren, die die Menschen aller Rassen zu einer Spezies vereinen und die Menschheit mit dem Kosmos verbinden?
Der westlichen Welt ist der Umgang mit den Chakren eher fremd, auch wenn das Wissen über die Energiezentren durch Persönlichkeiten wie Rudolf Steiner oder Johann-Wolfgang von Goethe in Europa etabliert wurde. Die ständige Begegnung mit der Zahl Sieben auf dem Friedhof und in den Heiligtümern verstärkt jedenfalls den Eindruck, dass diese Zahl eine besondere Botschaft für uns bereithält.
Tatsache ist, dass in dem Grab keinerlei Leichenteile gefunden wurden. Parallelen zur Pyramide von Gizeh werden deutlich, in der ebenfalls bis heute keine menschlichen Gebeine gefunden worden sind und die somit als rein symbolische Grabstätte gilt. Die Wissenschaftler halten das Grab des Schamun-Nabi für ein besonderes altertümliches Heiligtum Asiens. Wir können es aber auch als ein zarathrustrisches Hologramm betrachten, das den zeitweise vorherrschenden religiösen Einfluss Zarathrustras im alten Choresm bezeugt.
Während wir die Grabkammer betreten, fällt unser Blick auf ein sehr altes Zeichen über dem Eingang. Es gleicht einem auf den Kopf stehenden Shin, einem der 22 Buchstaben des hebräischen Alphabetes. Es scheint uns einzuladen in die Grabkammer einzutreten. In dem Grab ist es wunderbar kühl und wir genießen es, uns hier eine Weile vor den glühenden Sonnenstrahlen schützen zu können, denn an diesem Tag ist es wirklich sehr heiß und die Sonne brennt unangenehm auf unserer Haut. Wir bleiben zunächst in einem kleinen Vorraum stehen, von dem unsere Blicke über den übernatürlich langen Sarg gleiten, der mit Leinentüchern bedeckt und mit Blumen geschmückt ist. Von hier aus sind deutlich sieben Torbögen zu erkennen, die den Sarg in sieben einzelne Abschnitte unterteilen.
Wir umrunden das Grab und zählen sieben Kuppeln, die sich über dem Sarg befinden und die Decke des Gebäudes bilden. Das Umschreiten des Sarges ist ebenfalls von legendärer Bedeutung. Vor allem unfruchtbare Frauen, kommen hierher um diesem Ritual zu folgen. Sie sind tief von dem Glauben erfüllt, dass sich ihr kinderloses Schicksal ändern wird, wenn sie dreimal den Sarg umrunden.
Oktyabr lenkt unsere Aufmerksamkeit auf die Abbildung einer halbgeöffneten, dreiblättrigen Lilie im Vorraum des Grabes. Er berichtet uns von einer weiteren Legende über einen sieben –jährigen Jungen aus Turkulski, die mit einer Lilie im Zusammenhang steht. Demnach opferten seine Eltern ihr Kind zu Ehren der Götter. Nach seiner Wiederauferstehung lebte er noch weitere siebzig Jahre. Er liebte halbgeöffnete Lilien und äußerte zu seinen Lebzeiten den Wunsch, dass eine Lilie im Falle seines Todes sein Grab schmücken solle. Als er schließlich mit 77 Jahren starb, befand sich auf seinem Grab tatsächlich eine dreiblättrige Lilie. Zu einem späteren Zeitpunkt wurde bei Ausgrabungsarbeiten eines Friedhofes in Turkulski eine kupferfarbige Lilie gefunden, die heute noch im Museum von Nukus bewundert werden kann.